Rückblick auf die Veranstaltung
An der Konferenz „Mannheimer*innen für Vielfalt und Toleranz“ nahmen rund 230 Personen aus den unterschiedlichen Bereichen der Zivilgesellschaft, Wirtschaft, Politik und Stadtverwaltung teil. Mit den Konferenzthemen der Toleranz und Vielfalt wurden dabei relevante Akteur*innen angesprochen, die sich im Bereich der Antidiskriminierung und Stärkung von Diversität engagieren. Im ersten Teil der Veranstaltung wurde die Relevanz von Toleranz und Vielfalt sowohl in ihrer gesamtgesellschaftlichen Bedeutung als auch für Mannheim spezifisch thematisiert. Der Schwerpunkt des zweiten Teils lag auf der praxisorientierten Antidiskriminierungsarbeit, wobei hier Mannheimer und externe Initiativen zu Wort kamen und über bereits Erreichtes aber auch Herausforderndes im Bereich der Antidiskriminierungsarbeit berichteten. Den Rahmen der Veranstaltung bildete der Mannheimer Aktionsplan für Toleranz und Demokratie (MAP).
Begrüßung und Ansprache durch den Oberbürgermeister (zum Video)
Oberbürgermeister Dr. Peter Kurz betonte in seiner Ansprache die zentrale Bedeutung von Toleranz und Diversität für die vielfältige Mannheimer Stadtbevölkerung. Unter Bezug u.a. auf die lange Tradition der Toleranz in Mannheim, die strategischen Stadtziele „Toleranz“ und „Engagement“, die Mannheimer Integrationsgrundsätze, die „Mannheimer Erklärung zum Geist der Offenheit, der Toleranz und der Verständigung“ sowie den Mannheimer Aktionsplan für Toleranz und Demokratie (MAP) hob der OB einerseits die vielen positiven Maßnahmen und Programme hervor, die in der Stadt ein von Respekt und Offenheit geprägtes Miteinander stärken. In diesem Zusammenhang bedankte er sich bei allen Initiativen und Akteur*innen für ihr bedeutsames Engagement für eine vielfältige und tolerante Stadt Mannheim.
Andererseits machte er aber auch deutlich, dass die demokratische Grundlage unserer Gesellschaft täglich bestärkt und erneuert werden müsse und vom Engagement der Stadtbevölkerung abhänge. Für diesen Prozess entscheidend sei die Schaffung von bürgerschaftlichen Beteiligungsstrukturen, die eine Gemeinwohlorientierung durch die Erfahrungen von demokratischen Partizipationsmöglichkeiten nachhaltig fördern können.
Präsentation des Mannheimer Aktionsplans für Toleranz und Demokratie (MAP) (zum Video)
Daphne Hadjiandreou-Boll und Andreas Schmitt von der Abt. des städtischen Beauftragten für Integration und Migration präsentierten den Mannheimer Aktionsplan für Toleranz und Demokratie (MAP), der als gesamtstädtisches Programm das Ziel verfolgt, den unterschiedlichen Formen der Herabsetzung entgegenzuwirken und ein von Vielfalt, Offenheit und Respekt geprägtes Zusammenleben in Mannheim zu stärken. Die inhaltlichen Schwerpunkte des MAP spiegeln sich in dessen drei Leitzielen wider: Jugendbeteiligung, institutionelle Öffnung für Diversität und Toleranz.
Zur Umsetzung der Ziele gibt es innerhalb des MAP zwei zentrale Handlungsansätze. Neben der Projektförderung werden im Rahmen des MAP verschiedene Einrichtungen und Akteur*innen aus der Zivilgesellschaft und der Stadtverwaltung miteinander vernetzt, die sich im Bereich der Toleranzförderung und Antidiskriminierungsarbeit engagieren. Weitere Informationen sind auf der Homepage www.mannheim.de/map oder im Flyer des MAP abrufbar.
Der MAP wird durch das zeitlich befristete Bundesprogramm TOLERANZ FÖRDERN – KOMPETENZ STÄRKEN gefördert. Um den Mannheimer Aktionsplan über die Förderdauer des Bundesprogramms hinaus zu verstetigen, wurde die Idee vorgestellt, gemeinsam mit den relevanten Akteur*innen aus der Zivilgesellschaft, Wirtschaft, Politik und Stadtverwaltung ein Aktionsbündnis für Vielfalt und Toleranz zu gründen, das die Handlungskonzepte und Ziele des MAP fortführt. Das Bündnis würde einen attraktiven Rahmen bieten, um einen stadtweiten und handlungsorientierten Abstimmungsprozess zu schaffen, der auf eine nachhaltige und strukturelle Antidiskriminierungsarbeit in Mannheim hinwirkt.
Vortrag: Vielfalt und Toleranz: Grundlagen und Perspektiven einer menschenrechtlichen Politik gegen Diskriminierung (zum Video)
Referent: Prof. Dr. habil. Albert Scherr, Institut für Soziologie, Pädagogische Hochschule Freiburg
Prof. Albert Scherr reflektierte in seinem Vortrag die Begriffe der Vielfalt und Toleranz und kam zu dem Schluss, dass für eine nachhaltige Verbesserung der Bekämpfung von Diskriminierung die Bereiche der Antidiskriminierungsarbeit und Diversität mit dem Ansatz der Menschenrechte zusammen genommen werden müssen. In kritischer Auseinandersetzung mit dem Toleranzbegriff zeigte er die Schwäche des Begriffs auf, sobald er nur auf eine bloße Duldung oder einer gleichgültigen Haltung gegenüber Menschen reduziert bleibt, die sich in ihren Denk- und Handlungsweisen unterscheiden. Dementgegen sei das Verständnis einer respektvollen Toleranz zu entwickeln, die die Respektierung und gleichberechtigte Anerkennung des Gegenübers gerade in seiner Individualität und Andersartigkeit zum Ziel hat. Gleichzeitig gelte es dabei, die Grenzen von Toleranz nicht aus den Augen zu verlieren.
Zusätzlich erläuterte Prof. Scherr die Notwendigkeit, die Forderung nach Anerkennung von Vielfalt systematisch mit Forderungen nach sozialer Gerechtigkeit zu verbinden. Über individuelle Diskriminierungsformen hinaus verwies er auf gesellschaftliche Machtverhältnisse, die auf institutioneller und struktureller Ebene Ungleichheiten bspw. im Bereich der politischen oder ökonomischen Teilhabe verursachen. „Denn manifeste Ausdrucksformen von individueller Diskriminierung (Rassismus, Nationalismen, Homophobie, usw.) sind nicht unabhängig von den gesellschaftlichen Strukturen und Prozessen, in denen Ungleichheiten und Machtverhältnisse zwischen sozialen Gruppen hergestellt und in Folge dessen als alltägliche Normalität erfahrbar werden.“ (Scherr) Aus dieser Perspektive müssen neben den im Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) genannten Vielfaltsdimensionen der Aspekt der sozialen Herkunft im Diskriminierungsdiskurs stärker berücksichtigt werden.
Nach dem Vortrag bestand bei kleinen Snacks und Getränken die Möglichkeit, sich in Gesprächen weiter auszutauschen und zu vernetzen. Neben einer eigens zur Konferenz erstellten Ausstellung zum Mannheimer Aktionsplan gab es zahlreiche Erzeugnisse von MAP-Projekten zu begutachten als auch Informationen rund um Einrichtungen, Programme und Veranstaltungen zum Thema Vielfalt und Toleranz.
Initiativen-Talk: Mannheimer Initiativen im Engagement gegen Diskriminierung (zum Video)
Der zweite Teil der Konferenz begann mit einem Initiativen-Talk, in dem sich exemplarisch vier Mannheimer Initiativen präsentierten, die sich seit längerer Zeit im Bereich der Toleranz, Vielfalt und Antidiskriminierung sehr erfolgreich engagieren. Zu den Teilnehmenden gehörten Talat Kamran und Ulrich Schäfer vom Mannheimer Institut für Integration und interreligiösen Dialog e.V., Christian vom Bündnis Mannheim gegen Rechte, Margret Göth von der Psychologischen Lesben- und Schwulenberatung Rhein-Neckar e.V. sowie Daniela Götz und Meryem Baran von der Marie-Curie-Schule, die sich im Programm Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage engagieren.
Die Talkrunde verdeutlichte die große Vielfalt sowohl der Handlungsansätze und Projektmaßnahmen im Bereich der Antidiskriminierungsarbeit als auch der ganz persönlichen Motivationslagen der Teilnehmenden für ihr Engagement. Auf die Frage, was die Initiativen für die Fortführung und Weiterentwicklung ihres Engagements benötigen, wurden neben der finanziellen Absicherung der Arbeit auch der Ausbau der Vernetzung – gerade über die Vielfaltsdimensionen hinaus – als zentrales Moment genannt.
Fachgespräch: Herausforderungen und Perspektiven in der Antidiskriminierungsarbeit (zum Video)
Expertinnen: Karima Benbrahim (Informations- und Dokumentationszentrum für Antirassismusarbeit e.V., Düsseldorf), Dr. Ursula Löbel (Stadt Potsdam)
Im Fachgespräch konnten zwei Expertinnen aus der Antidiskriminierungsarbeit wertvolle Impulse durch ihre langjährige Arbeit in den Bereichen Diversität bzw. Vernetzung einbringen. Karima Benbrahim vom Informations- und Dokumentationszentrum für Antirassismusarbeit e.V., Düsseldorf erläuterte den Handlungsansatz Diversity / Diversität. Mit dem Begriff Diversität ist ein umfassendes Konzept der Organisationsentwicklung gemeint, das Unterschiede und Gemeinsamkeiten zwischen Menschen anerkennt, wertschätzt und den Umgang damit fördert. Zur konkreten Umsetzung des Diversitätsansatzes stellte Frau Benbrahim das Konzept der diversitätsbewussten Bildungsarbeit vor, die mit den Schwerpunkten „Umgang mit Differenz“, „Anerkennung“ und „Empowerment“ die Haltung der Wertschätzung von Identitäten fördert.
Mit der Betonung auf die Bedeutung einer soliden Vernetzungsstruktur für eine nachhaltige Antidiskriminierungsarbeit berichtete Ursula Löbel (Stadt Potsdam) von der Gründung des Bündnisses „Potsdam! bekennt Farbe – Gemeinsam für Toleranz, Gewaltfreiheit und ein friedliches Miteinander“. Das Bündnis wurde 2002 gegründet. Als Multiplikator*innengremium machte es sich zur Aufgabe, rechtsextremistischen und fremdenfeindlichen Ansätzen in Potsdam entgegenzuwirken. Frau Löbel betonte, dass eine zukunftsfähige Demokratie nur dann existieren kann, wenn es allen relevanten Akteur*innen aus der Zivilgesellschaft, Stadtverwaltung und Politik gelingt, gemeinsam gegen rassistische und menschenverachtende Gruppierungen vorzugehen.
Schlusswort
Abschließend betonte Claus Preißler, Integrationsbeauftragter der Stadt Mannheim, in seinem Schlusswort die Bedeutung der kontinuierlichen Antidiskriminierungsarbeit für Mannheim. Hierbei sei gerade der Begriff einer respektvollen Toleranz zusammen mit dem Diversitätsansatz und unter Berücksichtigung der Dimension einer strukturellen und institutionellen Diskriminierungsform leitend für zukünftige Handlungspläne und Projektmaßnahmen. Für die weitere Entwicklung des Mannheimer Aktionsplans besteht die Perspektive zur Gründung eines breiten Aktionsbündnisses für Vielfalt und Toleranz, in dessen Rahmen die verschiedenen Akteur*innen sich handlungsorientiert vernetzen können, um gemeinsam eine inklusive Gesellschaft der Vielfalt in Mannheim zu stärken.
Abschießend wurde der Film „Mannemer sein“ (Mario di Carlo) im Bürgersaal aufgeführt, der im Rahmen des Mannheimer Aktionsplans für Toleranz und Demokratie als Projekt in 2011 entstanden ist.
Für die inhaltliche und organisatorische Vorbereitung und Durchführung der Konferenz „Mannheimer*innen für Vielfalt und Toleranz“ sei an dieser Stelle nochmals allen Mitwirkenden herzlich gedankt! Maßgeblich beteiligt waren die Abt. des Beauftragten für Integration und Migration der Stadt Mannheim, die Abt. Jugendförderung des Jugendamts der Stadt Mannheim, medien+bildung.com gGmbH, Ludwigshafen und aus dem Begleitausschuss des MAP der Stadtjugendring Mannheim e.V. und das Frauenbüro der Stadt Mannheim sowie die am Initiativen-Talk beteiligten Akteur*innen.